Haben Sie schon einmal eine unbewohnte Insel besucht, die einzig und allein vom Flair vergangener Zeiten lebt? So ein Ort ist die kürzlich in einem Artikel der Süddeutschen Zeitung erwähnte griechische Insel Spinalonga. Sie diente Anfang des 20. Jahrhunderts als Lepra-Kolonie, heute gibt es hier nur noch Ruinen und Andenkenläden. Aber der Ort steht auf der Liste der nächsten möglichen Unesco-Weltkulturerbe – und wird dann wohl noch mehr Touristen anlocken.

Katastrophentourismus – Die Auswirkungen:

Via Foro in Pompeji

Via Foro in Pompeji

Ist das schon Katastrophentourismus? Auch das nämlich ist einer der Reisetrends der vergangenen Jahre. Manche Urlauber zahlen nämlich Geld dafür, beispielsweise Tschernobyl (Ukraine) zu besuchen – das Gebiet ist übrigens immer noch zum Teil verstrahlt. Oder wie wäre es mit dem Selbstmordwald Aokigahara in Japan? In diesem angeblich verfluchten Wald ist die Selbstmordrate besonders hoch. Ziemlich makaber, oder? Da ist eine Insel voller längst verblichener Lepra-Kranker vergleichsweise harmlos.

Natürlich gibt es Orte, die als Gedenkstätte dienen und die man als Tourist besuchen kann, um beispielsweise etwas Sinnvolles über die Vergangenheit zu lernen. Zu diesen Ehrfurcht gebietenden Plätzen zählt Pompeji, das bekanntermaßen im ersten Jahrhundert n. Chr. von einem Vulkanausbruch begraben wurde – leider ist es in der Hauptsaison ziemlich überlaufen, einer der Nachteile des sogenannten Katastrophentourismus. Oder der Soldatenfriedhof von Verdun, wo an eine der schlimmsten Schlachten des Ersten Weltkriegs erinnert wird.

Während ich es bei solchen Orten noch verständlich finde, dass man sie anschaut – vielleicht auch, um aus der Vergangenheit zu lernen – frage ich mich doch, ob wirklich immer alles zu einem Touristenmagnet umfunktioniert werden muss. Eine „Geisterinsel“ wie Spinalonga mag einen gewissen Charme haben, aber mehr Tourismus führt wie beispielsweise in Tschernobyl ganz schnell zum „Overtourism“. Über die durchaus schädlichen Auswirkungen, die Urlauber manchmal auf die von ihnen besuchten Orte haben, hatten wir es ja erst neulich beim Sitzverbot in Rom.

Wie dem auch sei: Katastrophentourismus hat offensichtlich seinen ganz eigenen Reiz auf manche Urlauber. Ich halte es da lieber mit einem ganz anderen Nervenkitzel: Wenn ich mich gruseln will, kann ich auch nach Schottland in ein Spukschloss. Da wird das Gruseln zum Entertainment – ganz ohne schlechtes Gewissen.